Rechtsschutzversicherung

Zum Umfang des  Versicherungsschutzes einer Rechtsschutzversicherung (Eintritt des Versicherungsfalles bei Scheidung, Interessenwahrnehmung des Versicherungsnehmers gegen mit versicherte Personen u.a.)

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 277,29 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25.02.1991 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 14 % und der Beklagten zu 86 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 495 a Abs. 2 ZPO abgesehen.

Die Klage ist im wesentlichen begründet.

Die Beklagte ist aufgrund des mit dem Kläger abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrages verpflichtet, weitere 277,29 DM aus der Kostennote vom 09.01.1991 zu ersetzen. Der von ihr zu gewährende Versicherungsschutz erstreckt sich auch auf die Beratungsteile Scheidung, Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich. Zwar lag im Zeitpunkt der Rechtsberatung noch keiner der gesetzlichen Scheidungsgründe vor. Die Eheleute lebten erst etwa vier Monate getrennt. Die Fortsetzung der Ehe stellt auch keine unzumutbare Härte dar. Der Versicherungsfall ist jedoch bereits durch die Trennung der Eheleute eingetreten. Diese stellte ein Ereignis dar, das die Rechtslage des Klägers unmittelbar veränderte. Es trat für ihn eine M ein, auf die er möglicherweise reagieren musste, um Nachteile zu vermeiden. Er hatte ein berechtigtes Interesse daran, Rechtsrat nicht nur wegen der unmittelbaren Trennungsfolgen, sondern auch im Hinblick auf eine spätere Scheidung, Versorgungsausgleich und Zugewinn einzuholen. Die Trennung stellte bereits den ersten tatsächlichen Schritt in Richtung auf eine Scheidung dar und leitete deshalb auf dieser ersten Stufe auch bereits eine Änderung der Rechtssituation des Klägers ein. Wenn sich der Versicherungsnehmer in dieser Situation auch über Scheidung, Versorgungsausgleich und Zugewinn anwaltlich beraten lässt, handelt es sich nicht um eine rein vorsorgliche Rechtsberatung, die nicht unter den Versicherungsschutz fällt, sondern um eine solche, die sich auf eine konkrete, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht für den Versicherungsnehmer geänderte Situation bezieht. Es ist nicht zu fordern, dass im Einzelfall bereits alle tatsächlichen Umstände zur Verwirklichung des versicherten Risikos vorliegen müssen. Auch vor Ablauf des Trennungsjahres erstreckt sich der zu gewährende Versicherungsschutz ebenfalls auf eine Beratung hinsichtlich Scheidung, Versorgungsausgleich und Zugewinn. Nachdem Versöhnungsversuche im Anschluss an die Trennung gescheitert waren, musste sich der Kläger darüber klar werden, wie er sein eigenes Verhalten angesichts der eine Scheidung anbahnenden neuen Situation einzurichten hatte. Hierzu benötigte er umfassenden Rechtsrat. Der Versicherer hat deshalb auch schon vor Ablauf des Trennungsjahres Versicherungsschutz für eine anwaltliche Beratung betreffend die Scheidung und ihre Folgesachen zu gewähren (vgl. Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 24. Auflage, § 25 ARB Anmerkung 6; LG L VersR 82, 998). Die teilweise vertretene Gegenmeinung vermag das Gericht nicht zu überzeugen.

Der Anspruch des Klägers ist auch nicht nach § 11 Abs. 2 Satz 2 ARB ausgeschlossen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift besteht nur für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen mit versicherter Personen untereinander und gegen den Versicherungsnehmer kein Versicherungsschutz. Anders ist es im Fall einer Interessenwahrnehmung des Versicherungsnehmers gegen mit versicherte Personen und Mitversicherungsnehmer (Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 4. Auflage, § 11 Randnummer 20). Vorliegend ist die Ehefrau des Klägers Mitversicherungsnehmer, so dass ein Fall des § 11 Abs. 2 Satz 2 ARB nicht vorliegt.

Dem Kläger steht somit ein Anspruch auf eine 5/10 Beratungsgebühr nach einem Gegenstandswert von - unstreitig - 19.171,00 DM in Höhe von 424,50 DM zu. Zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer in Höhe von 59,43 DM ergibt sich eine Forderung in Höhe von 483,93 DM. Hierauf hat die Beklagte bereits einen Betrag von 206,64 DM gezahlt, so dass sich die Restforderung des Klägers auf 277,29 DM beläuft. Ein Anspruch auf eine Auslagenpauschale gemäß § 26 BRAGO in Höhe von 40,00 DM zuzüglich der anteiligen Mehrwertsteuer steht dem Kläger nicht zu. Insoweit war die Klage abzuweisen.

Der Zinsanspruch des Klägers ist gemäß §§ 284, 288 BGB gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziffer 11, 713 ZPO.

Streitwert: 322,89 DM

 (AG Aachen, Urteil v. 27.3.2006, Az. 9 C 348/91)