Sachversicherungen

Unter Sachversicherungen sind Versicherungen zu verstehen, welche den Schaden von Sachwerten versichern. Die wichtigsten Sachversicherungen sind die private Haftpflichtversicherung, die Hausratversicherung, die Kfz Versicherung und für Eigentümer einer Immobilie die Gebäuderversicherung. Darüberhinaus gibt es noch zahlreiche weitere Versicherungen wie beispielsweise Unfallversicherung, Feuerversicherung, Fahrradversicherung, Glasversicherung, Wohngebäudeversicherung und viele andere mehr. Im Prinzip lässt sich nahezu jeder Sachwert gegen Schäden versichern. Das Gegenstück zur Sachversicherung ist die Personenversicherung.

Notebook-Versicherung: Klausel, nach welcher der Versicherer nur Freistellung von den Kosten eines Ersatzgerätes schuldet, ist unwirksam.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 11.01.2010, Az.: 137 C 445/09 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin vom 28.06.2009 nach Maßgabe der nachstehenden Gründe an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen.

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine von ihr beabsichtigte Klage, mit der sie Ansprüche aus einer bei der Antragsgegnerin auf Basis deren AVB Schutzbriefe Technik am 11.02. 2008 abgeschlossenen Notebook-Versicherung geltend zu machen beabsichtigt.

Sie trägt vor, am 30.10.2008 hätten zwei ihr unbekannte Männer ihre über der Schulter getragene Aktentasche, in der sie ihr Notebook getragen habe, entrissen.

Die Antragsgegnerin hat mit der Begründung, die Antragstellerin sei der vertraglich vereinbarten Obliegenheit zur unverzüglichen Anzeige bei der Polizei nicht nachgekommen, die Deckungsablehnung erklärt. Im Verfahren hat sie zusätzlich die Auffassung vertreten, die Versicherungsleistung beschränke sich auf die Freistellung von den Kosten eines Ersatzgeräts gleicher Art und Güte; auch habe die Antragstellerin nicht hinreichend dargetan, das Notebook in persönlichem Gewahrsam sicher mitgeführt zu haben. Jedenfalls sei der vertraglich vereinbarte Selbstbehalt nicht berücksichtigt.

Das Amtsgericht hat den Antrag mit dem im Tenor genannten Beschluss wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 21.01.2010, der das Amtsgericht nicht abgeholfen und die es der Kammer zur Entscheidung vorgelegt hat.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 127 Abs. 2, 567, 569 ZPO), insbesondere ist die Monatsfrist gewahrt.

In der Sache selbst führt sie zumindest vorläufig zum Erfolg, denn die Prozesskostenhilfe durfte nicht mit der Begründung versagt werden, die beabsichtigte Rechtsverfolgung sei ohne Erfolgsaussicht.

 

Die Antragstellerin hat das äußere Bild eines versicherten Raubes vorgetragen. Insbesondere bedarf keiner weiteren Erörterung, dass das Mitsichführen eines Notebooks in einer Aktentasche bei ständigem Körperkontakt ein solches in sicherem persönlichem Gewahrsam ist. Sollten der Antragstellerin Zeugen nicht zur Verfügung stehen, ist das bereits deshalb unschädlich, weil der Versicherungsnehmer den Nachweis eines Versicherungsfalls sowohl hinsichtlich des Geschehens selbst als auch in Bezug auf das Stehlgut im Rahmen seiner eigenen Anhörung nach § 141 ZPO führen kann, wenn er in Beweisnot ist. Diese Beweiserleichterungen gelten zwischen den Parteien eines Versicherungsvertrages als stillschweigend vereinbart, soweit der Versicherungsnehmer uneingeschränkt redlich ist, um eine Entwertung des Versicherungsschutzes für den Versicherungsnehmer, dem Zeugen häufig nicht zur Verfügung stehen werden, zu vermeiden. Umstände, die gegen eine Redlichkeit der Antragstellerin sprechen könnten, lassen sich der Akte zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entnehmen.

Fehl geht weiter die vorprozessual geäußerte Auffassung der Antragsgegnerin, wegen der in § 13 Ziffer 1.) e.) AVB vertraglich vereinbarten Obliegenheit zur unverzüglichen polizeilichen Anzeige von der Leistung befreit zu sein.

Dies aus einer Vielzahl von Gründen:

Die Antragstellerin behauptet eine polizeiliche Anzeige unmittelbar nach dem Raub; nur die auch den Laptop umfassende polizeiliche Bestätigung sei erst am 03.11.2008 ausgestellt worden. Soweit sich die Beklagte hier auf ein schlichtes Bestreiten der Erfüllung der Obliegenheit beruft, verkennt sie, dass nicht der Versicherungsnehmer, sondern der Versicherer eine Obliegenheitsverletzung zu beweisen hat.

Beweis insoweit anzubieten hat die Antragsgegnerin allerdings versäumt.

Ohnehin definiert die Antragsgegnerin in § 13 Ziffer 1.) a.) ihrer AVB „unverzüglich“ mit „spätestens innerhalb von sieben Tagen“. Selbst ihren eigenen Vortrag als belegt unterstellt ist von der Erfüllung der Obliegenheit zur unverzüglichen polizeilichen Anzeige durch die Antragstellerin mithin auszugehen.

Zudem verkennt die Antragsgegnerin, dass die hiesige Streitigkeit vor dem Hintergrund, dass sowohl Versicherungsvertrag als auch Versicherungsfall aus dem Jahre 2008 datieren, bereits dem VVG 2008 unterfällt. Dieser Umstand ermöglichte, entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin in ihrer Deckungsablehnung, im Hinblick auf § 28 Abs. 2 VVG n.F. selbst bei unterstellter Obliegenheitsverletzung keinesfalls die Annahme der Leistungsfreiheit wie noch unter dem alten Recht, sondern allenfalls eine geringfügige quotale Kürzung.

Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, nach § 4 Ziffer 2.) ihrer AVB schulde sie lediglich die Freistellung von den Kosten eines Ersatzgeräts. Diese Klausel hält einer Inhaltskontrolle i.S. von § 307 BGB nämlich nicht stand.

Nach § 307 Abs. 1 BGB ist eine Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine solche Benachteiligung kann sich sowohl aus einer Intransparenz der betroffenen Klausel (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB), als auch aus einer Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip, weil wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB), ergeben.

Die hier vorliegenden allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin erfüllen alle drei Kriterien.

Die Regelung des § 4 Abs. 2 AVB läuft zunächst dem in § 1 VVG n.F. normierten gesetzlichen Leitbild des Versicherungsvertrages massiv zuwider. Dies bereits vor dem Hintergrund, dass ein Versicherungsvertrag grundsätzlich den Versicherer selbst zur Erbringung der Versicherungsleistung verpflichtet. § 4 Nr. 2 AVB sieht aber eine Erbringung der versicherungsvertraglich geschuldeten Leistung „durch JAMBA“ vor, im Versicherungsschein als Versicherungsvermittler aufgeführt. Die Erbringung der Versicherungsleistung durch einen Versicherungsvermittler i.S. von § 59 Abs. 1 VVG n.F. – die zugleich die Abwälzung dessen Insolvenzrisikos auf den Versicherungsnehmer beinhaltet – sieht das Gesetz nicht vor.

Die Klausel ist überdies intransparent. Denn sie ist bereits deshalb nicht hinreichend klar und verständlich, weil aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht eindeutig ist, wie die Entschädigungsleistung konkret berechnet werden soll, die Regelung vielmehr mehrdeutig ist.

Unklar bleibt dem Wortlaut nach nämlich, ob der Versicherungsvermittler JAMBA das Ersatzgerät beschaffen, mithin eine Naturalleistung erfolgen und die Antragsgegnerin als Versicherer wiederum JAMBA von diesen Kosten freistellen soll oder aber ob der Versicherungsnehmer mit der Beschaffung eines Ersatzgeräts in Vorleistung treten und gegen JAMBA einen Freistellungsanspruch von diesen Kosten haben soll.

Beide Deutungen erscheinen gleichermaßen möglich, die Unklarheiten gehen zu Lasten der Antragsgegnerin als Verwenderin.

Wollte man der Auslegung, bei der Naturalersatz geschuldet wäre, den Vorzug geben, wofür sprechen könnte, dass sich die Antragsgegnerin in § 5 Ziffer 3.) ausbedingen möchte, einen Selbstbehalt vom Konto ihres Versicherungsnehmers abzubuchen, bliebe die Regelung intransparent, weil sich ihr auch dann nicht entnehmen lässt, auf welches Ersatzgerät der Versicherungsnehmer Anspruch haben soll. Anders als etwa in der Glasversicherung, in der die Vereinbarung von Naturalersatz gemeinhin als wirksam angesehen wird, hat die Antragsgegnerin nämlich versäumt, in vergleichbarer Weise klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, welche konkreten Leistungen sie für die geschuldete Prämie zu erbringen beabsichtigt.

Bei Annahme der zweiten Auslegungsvariante als gewollt liegt, unabhängig von der Tatsache, dass nicht der Versicherer, sondern der Versicherungsvermittler vertraglich verpflichtet werden soll, zusätzlich eine Unvereinbarkeit mit § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB vor. Eine Vorleistungspflicht des Versicherungsnehmers verbunden mit einem Freistellungsanspruch stellt sich bereits als vollkommen unüblich dar gemessen an den Bedingungen, die ein Versicherungsnehmer erwarten darf und kann. Regelmäßig sehen die Bedingungen im Sachversicherungsbereich eine Vorleistungspflicht – mit Rücksicht auf das Bereicherungsverbot – nur insoweit vor, als die Neuwertspitze betroffen ist oder aber lediglich mitversicherte Kosten in Rede stehen; in letzterem Fall wird die Versicherung in Bezug auf einen solchen Nebenpunkt explizit als Kostenversicherung ausgewiesen, etwa wie in § 2 VHB 84. In der – hier betroffenen – Zeitwertversicherung ist eine Vorleistungspflicht des Versicherungsnehmers hingegen nicht nur mehr als unüblich, sondern schränkt wesentliche Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks, nämlich im Falle des Eintritts eines versicherten Risikos eine angemessene Entschädigung zu leisten, in erheblichem Maße gefährdet wird.

Der damit vorliegende Verstoß gegen § 307 Abs. 1 und 2 BGB muss dazu führen, dass für den vereinbarten Zeitwert, wie gemeinhin in der Sachversicherung üblich, Geldersatz zu leisten ist.

Letztendlich verfängt auch die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin, von einer etwa geschuldeten Versicherungsleistung sei noch der vereinbarte Selbstbehalt abzuziehen, nicht. Dies vor dem Hintergrund, dass ein solcher ebenfalls nicht wirksam vereinbart worden ist, weil die entsprechende Regelung ihrerseits gegen das Äquivalenzprinzip verstößt und der Wirksamkeitskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht standhält.

Zu dieser Bewertung zwingen nach dem Dafürhalten der Kammer die nachfolgenden Umstände:

Zum einen erscheint – wie oben ausgeführt – eine Auslegung der Klausel zumindest denkbar, bei der als Versicherungsleistung Naturalersatz durch die Lieferung eines – gegebenenfalls sogar gebrauchten, § 4 Ziffer 2.) AVB – Ersatzgeräts geschuldet wird. Eine Versicherungsvertrag, der als Versicherungsleistung die Lieferung eines benutzten Altgeräts vorsieht, gleichzeitig aber dem Versicherer hierfür neben der Prämienleistung die Abbuchung von 25 % des Kaufpreises vom Konto des Versicherungsnehmers vorbehält, stellt kein angemessenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung her und stellt sich damit als unangemessene Benachteiligung dar. Durch den in den allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehenen Selbstbehalt in entsprechender Höhe werden die vertraglichen Pflichten des Versicherers in einem Maße eingeschränkt, der den Vertragszweck gefährdet.

Selbst aber wenn man der weiter möglichen Auslegung des § 4 Ziffer 2 AVB den Vorzug gibt, derzufolge der Versicherungsnehmer in Vorlage treten und als Versicherungsleistung nur Freistellung von der eingegangenen Verbindlichkeit verlangen kann, führt die Annahme der Vereinbarung eines Selbstbehalts in Höhe von 25 % zu einer deutlichen Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung, die gleichermaßen als Verstoß gegen das in § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB normierte Äquivalenzprinzip und damit die Unwirksamkeit begründender Tatbestand gewertet werden muss. Dies folgt vorliegend aus der Kombination einer Berechnung des Selbstbehalts von 25 % des Kaufpreises einerseits und der Bestimmung des Zeitwerts mit erheblichen prozentualen Abschlägen vom jeweiligen Kaufpreis andererseits, zumal die vereinbarten starren Grenzen dem Versicherungsnehmer weder eine Ermittlung des tatsächlich noch gegebenen Zeitwerts ermöglichen noch sie den Selbstbehalt in irgendeiner Form an die noch zu erbringende Versicherungsleistung anpassen. Starre Grenzen kennt die Sachversicherung im wesentlichen nur in der Fahrzeugversicherung; die dort vereinbarten Selbstbehalte mit in der Regel 150,– € bzw. 300,– € machen jedoch gemessen an den versicherten Fahrzeugwerten einen nur geringen prozentualen Anteil der zu erbringenden Versicherungsleistung aus; bei einer Laptop-Versicherung ist das anders.

Der starre, nicht an der zu erbringenden Versicherungsleistung orientierte Zeitwert würde im Falle seiner wirksamen Vereinbarung dazu führen, dass der Selbstbehalt nach wie vor aus einem nach § 4 Ziffer 4 AVB keinesfalls mehr versicherten Kaufpreis zu errechnen sein soll, während die zu erbringende Versicherungsleistung diesem Kaufpreis nicht folgt.

Nachdem indessen § 4 Ziffer 4 der AVB den versicherten Zeitwert ab dem fünften Jahr mit nur noch 40 % vom Kaufpreis vorgibt, hätte die Anwendung des Selbstbehalts in Höhe von 25 % des Kaufpreises wiederum zur Folge, dass eine Versicherungsleistung allenfalls noch in Höhe von 15 % des Kaufpreises geschuldet wäre.

Einer bei einem wie hier vorliegenden Kaufpreis von 799,– € im Höchstfall möglichen Versicherungsleistung von im fünften Jahr noch 119,85 € (entsprechend 15 % von 799,– €) stünde demnach eine Jahresprämie von 71,88 € (12 x 5,99 €) gegenüber. Dies gefährdet nicht nur den Vertragszweck, sondern hebt ihn nahezu auf. Denn eine Jahresprämie, die 60 % der überhaupt höchst möglichen Versicherungsleistung erreicht, wird wohl auch die Antragsgegnerin kaum mehr als angemessen erachten. Erst recht muss das gelten, weil bei einer im Hinblick auf § 28 VVG n.F. möglichen Quotelung durchaus Fallgestaltungen denkbar sind, bei denen im Ergebnis – und infolge der in § 5 Ziffer 3 AVB vorgesehenen Abbuchungsermächtigung zugunsten des Versicherers im Schadensfall – ein Versicherungsnehmer seinen Versicherer im Falle eines Versicherungsfalls zu entschädigen hätte und nicht umgekehrt, weil nämlich der vom Versicherer im Schadensfall abgebuchte Selbstbehalt die Versicherungsleitung überschreitet.

Eine Entscheidung in der Sache selbst war der Kammer nicht möglich, weil die aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht belegt sind, die vorliegenden Belege sind ein Jahr alt.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst.

Die Rechtsbeschwerde ist gegen diesen Beschluss nicht statthaft.

(Landgericht Köln, Beschluss vom 22.3.2010, Aktenzeichen: 20 T 2/10)