Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung aus einer Hausratversicherung wegen eines angeblichen Wohnungseinbruchsdiebstahls in Anspruch.
Die Klägerin schloss am 01.12.2004 bei dem Beklagten zu der Vertrags- Nr.: 90.663.763.4 eine verbundene Hausratversicherung für den Hausrat der im zweiten Obergeschoss gelegenen Wohnung T-Weg in J unter Geltung der VHB 2005 ab. Der Vertrag wurde durch die Versicherungsagentur P R in O-X vermittelt.
Am 16.09.2008 bemerkte der Schwiegervater der Klägerin, Herr L, dass in dem Wohnzimmer der zuvor genannten Wohnung sämtliche Schränke offen standen und der Inhalt der Schränke teilweise zerstreut auf dem Boden verteilt war.
Die Klägerin und ihr Ehemann befanden sich bereits seit dem 11.09.2008 in einem vierwöchigen Urlaub in Ägypten. Sie hatten Herrn L beauftragt, während dieser Zeit in der Wohnung „nach dem Rechten“ zu sehen.
Herr L informierte umgehend die Polizei, die keine Aufbruchspuren am Türschloss feststellen konnte. Am 22.09.2008 hielt die Polizei telefonisch Rücksprache mit dem Ehemann der Klägerin. Dieser teilte mit, es gebe für den Wohnbereich insgesamt fünf Schlüssel. Drei davon hätten am Schlüsselbrett gehangen, den vierten besitze sein Vater, den fünften habe er selbst bei sich. Die Polizei stellte indes fest, dass sich an dem Schlüsselbrett in der Wohnung nicht drei, sondern lediglich zwei Schlüssel befanden. In ihrer Schadensanzeige vom 20.10.2008 gab die Klägerin insofern an, der dritte Schlüssel habe sich zur Zeit des streitgegenständlichen Vorfalls bei der Maklerin H O in N, befunden. In einem Gespräch mit dem Regulierer U des Beklagten gab der Ehemann der Klägerin wiederum an, zur Zeit des Vorfalles habe keiner der Schlüssel gefehlt.
Am 20.10.2008 fertigte die Klägerin eine Einbruchdiebstahl-/ Raub- Schadenanzeige nebst einer Liste mit gestohlenen Gegenständen, die u.a. einen am 23.10.2001 erworbenen Computer-Rechner-Monitor für 3.297,00 € und ein Klappmesser mit Jagdmotiv enthielt. In seiner richterlichen Vernehmung am 19.01.2009 gab der Ehemannes der Klägerin hierzu an, dass der Computer-Monitor doch nicht gestohlen worden sei, da die Klägerin diesen ihrer Tochter bereits vor dem 16.09.2008 geschenkt habe. Er könne auch nicht ausschließen, dass er der Tochter der Klägerin das Klappmesser mit Jagdmotiv bereits vor diesem Zeitpunkt geschenkt habe. Diese Umstände wurden dem Beklagten nicht mitgeteilt.
Der Beklagte ließ die Wohnung durch die Versicherungsfachwirte U & Partner besichtigen, die am 18.12.2008 einen Besichtigungsbericht fertigten. In diesem Bericht wurde der Neuwertschaden auf 18.000,00 € beziffert, was der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 19.12.2008 mitteilte. Mit gleichem Schreiben – wie auch mit Schreiben vom 07.08.2009 – lehnte der Beklagte eine Regulierung ab.
Außerdem ließ der Beklagte das Zylinderschloss mit den dazugehörigen fünf Originalschlüsseln von dem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für mechanische Sicherungseinrichtungen und kriminaltechnische Spuren O H untersuchen. In seinem Gutachten vom 02.12.2008 stellte dieser an dem Schließzylinder keine Spuren von Fremdwerkzeugen fest. Nach seinen Feststellungen wurden auch keine Kopien von den Originalschüsseln gefertigt. Nach Auskunft des Schlüsselherstellers L hatten auch keine Nachbestellungen stattgefunden, so dass der Gutachter von einer Betätigung des Schließzylinders mit passenden Schlüsseln ausging.
Ein gegen die Tochter der Klägerin, N L, gerichtetes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft N2, Az.: 83 Js #####/####, wurde mangels Tatverdachts eingestellt. Die Tochter der Klägerin verfügte ursprünglich über einen Wohnungsschlüssel, den sie bei ihrem Auszug aus der Wohnung zurückgeben musste. Bei einer Durchsuchung ihrer Wohnung, die sie sich mit zwei weiteren Mitbewohnern teilte, wurden entsprechend dem Durchsuchungsbericht der Polizei B vom 15.10.2008 das von der Klägerin ursprünglich als gestohlen gemeldete Klappmesser mit Jagdmotiv und ein Computer nebst Monitor aufgefunden. Die Klägerin schließt selbst nicht aus, dass ihre Tochter unberechtigterweise einen Nachschlüssel fertigte, um den Zutritt zu ihrer Wohnung zu ermöglichen. Zudem hatte die Tochter der Klägerin in der Zeit zwischen dem 11.09.2008 und dem 16.09.2008 ihren Großvater besucht und hatte mit diesem auch die Wohnung der Klägerin aufgesucht, um dort im Keller etwas zu suchen. Bereits zuvor war die Tochter der Klägerin einmal in die Wohnung der Klägerin eingedrungen und hatte 100,00 € Bargeld entwendet.
Nach einem Hinweis der Klägerin stellte die Polizei am 13.2.2009 fest, dass der Türspion der Wohnungstür ohne weiteres demontiert werden kann, so dass eine kreisrunde Öffnung entsteht, durch die man mit Hilfe eines Drahtes an das gegenüber der Tür hängende Schlüsselbrett gelangen könnte. Der Wohnungsnachbar der Klägerin, Herr G, stellte – im September 2008 – an seinem Türspion eine gleiche „Beschädigung“ fest.
Die Klägerin behauptet, der fünfte Schlüssel habe sich zum Zeitpunkt der Entdeckung des Diebstahls bei der Maklerin H R befunden. Ihre Tochter habe seit etwa Mai 2008 tatsächlich keinen Schlüssel zur Wohnung mehr besessen. Bei dem bei ihrer Tochter vorgefundenen Computer handele es sich um ein Geburtstagsgeschenk aus dem Jahre 2007. Der Wert der entwendeten Gegenstände betrage insgesamt 18.000,00 €.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 18.000,00 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er behauptet, der Täter habe sich mit einem passenden Schlüssel Zugang zur
Wohnung verschafft, wobei wahrscheinlich die Tochter der Klägerin die Täterin sei.
Bei dem in der Wohnung der Tochter der Klägerin gefundenen Computer handele es sich um den von der Klägerin als gestohlen gemeldeten Computer. Die Tochter der Klägerin habe zugegeben, während des Urlaubs der Klägerin die Wohnung betreten und bei dieser Gelegenheit die Schlüssel zu beiden Fahrzeugen der Klägerin und ihres Ehemannes an sich genommen zu haben und mit den Fahrzeugen gefahren zu sein. Dabei habe sie wegen verkehrswidrigen Abstellens eines der beiden Fahrzeuge am 14.09.2008 einen Strafzettel erhalten, den sie im Inneren des Fahrzeugs habe liegen lassen.
Hinsichtlich des weiteren Sachvortrages der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Das Landgericht I ist gem. Art. 1 Abs. 2 EGVVG i.V.m. § 48 Abs. 1 VVG a.F. örtlich Zuständig. Der Versicherungsvertrag wurde am 01.12.2004 – also vor dem 23.11.2007 – bei der Versicherungsagentur P T in O- X geschlossen und der etwaige Versicherungsfall trat zwischen dem 13. und 16.9.2008 – also vor dem 31.12.2008 – ein.
II. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 18.000,00 € aus dem gem. Art. 1 Abs. 2 EGVVG anzuwendenden § 1 VVG in der bis zum 23.11.2007 geltenden Fassung i.V.m. §§ 3, 5 VHB 2005.
Zwischen den Parteien bestand seit dem 01.12.2004 ein Versicherungsverhältnis.
Gem. § 3 Nr. 1 lit. b) VHB 2005 sind u.a. Sachen versichert, die durch Einbruchdiebstahl abhanden kommen. Gem. § 5 Nr. 1 lit. a) VHB 2005 liegt ein Einbruchdiebstahl u.a. vor, wenn jemand Sachen wegnimmt, nachdem er in einen Raum eines Gebäudes einbricht, einsteigt oder mittels falscher Schlüssel eindringt. Die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat den Nachweis eines solchen Einbruchdiebstahls nicht erbracht.
Nach den von der Rspr. entwickelten Beweiserleichterungen reicht hierfür der Beweis eines äußeren Bildes, also eines Mindestmaßes an Tatsachen, das mit hinreichender Sicherheit auf einen Versicherungsfall schließen lässt, wenn nicht der Versicherer Tatsachen beweist, die die Annahme einer Vortäuschung oder einer nicht versicherten Begehungsweise überwiegend wahrscheinlich machen. Das äußere Bild muss sowohl die Entwendung, als auch das qualifizierte Eindringen in die Wohnung wahrscheinlich machen, wenn nicht ein Nachschlüsseldiebstahl in Betracht kommt.
Diese Tatsachen muss der Versicherungsnehmer voll beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2006, Az.: IV ZR 130/05, zitiert nach juris-Rz. 14 u. 15; T-Holsteinisches OLG, Urteil vom 04.03.2010, Az.: 16 U 44/ 09, zitiert nach juris-Rz. 21, Prölss/Martin-Knappmann, VVG, § 5 VHB 2000 Rn. 3). Dabei ist der Nachweis eines versicherten Einbruchdiebstahls insbesondere dann nicht geführt, wenn an Fenstern und Wohnungseingangstüren keine Spuren vorhanden sind, die einen erfolgreichen Einbruch erklären können, und nicht geklärt werden kann, wo sich die Originalschlüssel zur angeblichen Tatzeit befanden (vgl. OLG I2 Urteil vom 28.04.1999, Az.: 20 U 236/98, zitiert nach juris-Rz. 8).
Danach kann vorliegend lediglich eine Entwendung nach dem äußeren Bild bejaht werden. Denn ausweislich der dem Spurensicherungsbericht vom 22.09.2008 beigefügten Fotos wurden u.a. Schränke in der Wohnung durchwühlt, Schubladen geöffnet und Gegenstände auf dem Boden verteilt.
So waren an der Wohnungstür keine Einbruchs- und/ oder Aufhebelspuren festzustellen.
Es liegen auch keine Anhaltspunkte für ein Eindringen durch ein Fenster in die Wohnung vor.
An dem Schließzylinder ließen sich ausweislich des von dem Beklagten eingeholten Gutachtens des Gutachters für mechanische Sicherungseinrichtungen und kriminaltechnische Spuren O H vom 02.12.2008 keine Spuren von Fremdwerkzeugen feststellen, so dass eine mechanische Einwirkung auf das Türschloss auszuschließen ist. Die Klägerin hat die Feststellungen des Gutachters des Beklagten nicht angegriffen.
Auch die Verwendung eines falschen Schlüssels ist auszuschließen. Nach den Feststellungen in dem Gutachten vom 02.12.2008 wurden von den fünf Originalschlüsseln keine Kopien gefertigt. Nach Angaben des Schlüsselherstellers L erfolgten auch keine Nachbestellungen. Damit ist auch die bloße Vermutung der Klägerin, ihre Tochter oder Personen aus deren Umfeld hätten den Einbruchdiebstahl mit Hilfe eines Nachschlüssels getätigt, ausgeschlossen. Die Klägerin hat damit keine konkreten Umstände dargelegt und bewiesen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass ein Nachschlüssel benutzt wurde (vgl. insofern OLG Köln, Beschluss vom 07.03.2005, Az.: 9 U 197/04, zitiert nach juris-Rz. 5).
Auch ein Eindringen in die Wohnung durch Erlangung eines Schlüssels vom Schlüsselbrett mit Hilfe eines Drahtes durch den Türspion scheidet aus. Zwar stellte die Polizei am 13.02.2009 auf einen entsprechenden Hinweis der Klägerin fest, dass ein solches Eindringen möglich ist. Die Klägerin hat aber nicht bewiesen, dass die Täter im konkreten Fall auch so eingedrungen sind. So hat der Ehemann der Klägerin erst ca. fünf Monate nach dem Vorfall auf diese mögliche Begehungsweise hingewiesen. Entscheidend ist jedoch, dass die zuvor erwähnten Beweiserleichterungen zugunsten der Klägerin nicht eingreifen, da es gerade an objektiven Spuren fehlt, die einen Rückschluss auf eine derartige Begehung zulassen. Auch wenn der Versicherungsnehmer nämlich in der Lage ist zu beweisen, dass „spurlos“ eingebrochen werden kann, ist damit nicht auch bewiesen, dass Täter im konkreten Fall auch so eingedrungen sind (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 07.03.2005, Az.: 9 U 197/04; zitiert nach juris-Leitsatz 2.). Auch die Bescheinigung des Nachbarn G, dass an seinem Türspion die gleichen „Beschädigungen“ vorzufinden seien, belegt daher nicht, das bei der Klägerin gerade auf diesem Wege eingebrochen wurde.
Demgegenüber erscheint die Begehung eines Diebstahls mittels eines Originalschlüssels durch die Tochter oder Personen aus deren Umfeld überwiegend wahrscheinlich. Denn die Tochter der Klägerin war bereits vor dem streitgegenständlichen Vorfall einmal unberechtigt in die Wohnung eingedrungen und hatte 100,00 € entwendet. Zudem war die Tochter der Klägerin mit dem Schwiegervater der Klägerin in der Zeit zwischen dem 11. und 16.09.2008 in der Wohnung, um im Keller der Wohnung etwas zu suchen. In dem gleichen Zeitraum wurde auch ein Fahrzeug der Klägerin und ihres Ehemannes bewegt. Diesbezüglich hat der Mitbewohner N N1 in seiner Vernehmung vom 21.10.2008 in der zu Informations- und Beweiszwecken beigezogenen und im Termin zur mündlichen Verhandlung vorliegenden Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft N2, Az.: 83 Js #####/####, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 29.09.2010 war, angegeben, dass während des Urlaubs der Klägerin deren Pkw zu einer Fahrt nach B benutzt worden sei. Das zunächst von der Klägerin als gestohlen gemeldete Klappmesser mit Jagdmotiv wurde laut Durchsuchungsbericht vom 15.10.2008 in der Wohnung der Tochter aufgefunden, ebenso ein Computer. Erst im Rahmen seiner richterlichen Vernehmung vom 19.01.2009 räumte der Ehemann der Klägerin ein, dass er das Messer möglicherweise an die Tochter der Klägerin verschenkt habe und es nicht auszuschließen sei, dass die Klägerin ihrer Tochter den Computer geschenkt habe, während er ausweislich des Vermerks vom 14.10.2008 gegenüber der Polizei noch erklärt hatte, er habe das Messer der Tochter der Klägerin keinesfalls geschenkt oder überlassen. Zudem wurde ausweislich des Aktenvermerks vom 26.08.2009 auch eine Gaspistole in der Wohnung der Tochter der Klägerin aufgefunden, die ebenfalls auf der Liste der gestohlenen Gegenstände aufgeführt ist. Schließlich sind die Angaben zu dem Verbleib der Schlüssel widersprüchlich, ihr Verbleib damit unklar: Am 22.09.2009 erklärte der Ehemann der Klägerin gegenüber der Polizei, dass zur Zeit des streitgegenständlichen Vorfalls 3 Schlüssel am Schlüsselbrett hingen. Die Polizei stellte aber fest, dass nur zwei Schlüssel am Schlüsselbrett hingen. Bei der Übergabe des Schließzylinders an den Beklagten zur Untersuchung durch den Sachverständigen U waren alle fünf Originalschlüssel wieder da. In der Schadensanzeige der Klägerin vom 20.10.2008 gab diese an, es seien nur zwei Schlüssel in der Wohnung gewesen, da der dritte bei der Maklerin H R sei.
III. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
(LG Hagen, 29.9.2010, Az. 2 O 10/10)